Im Buddhismus gibt es zehn Vollkommenheiten oder Paramis, die von den Praktizierenden kultiviert werden. Wir haben über die Vollkommenheit der Großzügigkeit und die Vollkommenheit der Ethik gesprochen. Die dritte Vollkommenheit ist Nekkhamma, Verzicht.

Wenn wir von Verzicht oder Entsagung hören, dann klingt das für die meisten von uns ganz furchtbar. Verzicht wird zumeist als etwas Negatives wahrgenommen. Im buddhistischen Kontext hat Verzicht aber eine ganz andere, eine positive Bedeutung.

Hier geht es ums Loslassen. Man sollte im buddhistischen Training erkennen, dass die Dinge, denen wir im täglichen Leben nachlaufen und die uns von Werbung oder äußeren Umständen suggeriert werden, ein Streben nach weltlichen Sinnengenüssen ist, die uns nur eine kurze Befriedigung schaffen.

Wenn wir unser Glück von äußeren materiellen Dingen abhängig machen, schaffen wir ein Anhaften, eine Begierde, die niemals befriedigt werden kann. Denn die Befriedigung, etwas Ersehntes erlangt zu haben, hält nicht an. Dadurch streben wir unser ganzes Leben nach einem Glück, dass uns im Erstehen von materiellen Dingen versprochen wird. Es gibt kein Ende, es gibt keine Zufriedenheit, keine Freiheit.

Durch Verzicht Zufriedenheit finden

Nekkhamma im Buddhismus bedeutet zufriedener zu werden, mit dem was man hat, mit dem was ist.

John D. Rockefeller, der erste Milliardär der Weltgeschichte, wurde von einem Journalisten gefragt, wie viel Geld für ihn genug sei. Rockefeller überlegte kurz und antwortete: „Ein bisschen mehr“.

Wie oft hat man das Gefühl von Zufriedenheit oder das es genug ist? Dieses Gefühl ist sehr selten geworden. Gerade in unserer heutigen Zeit, mit all ihren Einflüssen. Eine gute Übung ist es daher, einmal am Tag für zehn Minuten einfach nur zu sitzen und zu sein. Ohne Telefon, ohne Radio oder Fernseher. Einfach nur sitzen und sein.

In der Mangala Sutta wird Zufriedenheit als der höchste Segen beschrieben. Zufriedenheit ist Nekkhamma.

Innere Freude durch Verzicht

Zufriedenheit kann eine innere Freude entstehen lassen, die man sonst nicht erleben kann.

Auch Buddha übte großen Verzicht, als er seinen Palast, seinen Reichtum, seine Frau und seinen Sohn zurückließ, um den Weg zum Überkommen es Leidens zu praktizieren. Noch heute gibt es Mönche und Nonnen, die einen großen Verzicht üben und alles zurücklassen, um ein einfaches klösterliches Leben zu leben.

Man kann aber auch im häuslichen Leben Verzicht üben. Es geht nicht darum, was man äußerlich besitzt. Entsagung ist eine Herzenssache. Man kann es schönes Haus haben, ein schnelles Auto fahren und den Luxus genießen, wenn man auch ohne das alles leben kann.

Meist beginnt das Leiden, sobald etwas davon wegfällt oder einem weggenommen wird. Es ist also nicht der Besitz, sondern das Anhaften daran, das Leiden schafft. Das Loslassen ist somit eine innere Einstellung.

Auf Meiningen und Einstellungen verzichten

Auch bei Sinneseindrücken, bei Dingen, die man sieht oder hört, die man mag oder nicht mag, kann man Nekkhamma üben, indem man auf eine Reaktion verzichtet und akzeptiert, dass eine Situation auch anders sein kann, als man es gerade gerne möchte. Auch das ist Nekkhamma. Einfach mal zuhören, auch wenn man anderer Meinung ist.

Einmal sagte Buddha zu Ananda: Ananda, auch ich hatte vor meiner vollen Erleuchtung, als ich noch nicht völlig erleuchtet, noch ein Anwärter auf die Erleuchtung war, den Gedanken: „Etwas Gutes ist die Entsagung! Etwas Gutes ist die Abgeschiedenheit!“ Doch mein Herz, Ananda, fühlte keinen Drang zur Entsagung, neigte nicht dazu, festigte sich nicht darin und fand darin keine Befreiung. Da, Ananda, fragte ich mich: „Was ist wohl die Ursache dafür, was der Grund?“ Und der Gedanke kam mir: „Nicht habe ich das Übel der Sinnen-Dinge erkannt und oft erwogen, habe den Segen der Entsagung noch nicht empfunden und erwirkt.“ Ich sagte mir daher: „Wenn ich nun das Übel der Sinnen-Dinge erkenne und oft erwäge, und den Segen der Entsagung empfinde und erwirke, so mag es wohl sein, dass dann mein Herz einen Drang fühlt zur Entsagung, dazu neigt, sich darin festigt und darin Befreiung findet.“

Diese Geschichte verdeutlicht, dass man trainieren kann, eine Tendenz zum einfachen Leben zu entwickeln. Dafür gibt es Meditationen. Zum Beispiel die Kontemplation über die „Fünf äußeren Objekte des Körpers“ oder man kann über die 32 Körperobjekte, die der Buddha gelehrt hat, reflektieren.

Kontemplation über Annica, Dukkha und Anatta

Das führt dazu, dass man die drei Daseinsmerkmale genauer wahrnimmt, die ständig präsent sind, nämlich die Vergänglichkeit (annica), die Leidhaftigkeit (dukkha) sowie die unkontrollierbare Natur von Körper und Geist (anatta).

Die genauere Betrachtung dieser Daseinsmerkmale führt dazu, dass man eine größere Fähigkeit entwickelt, loszulassen und Verzicht zu praktizieren. Der Geist neigt dann eher zur Entsagung.

Großzügigkeit, teilen zu können, ist auch Verzicht.

Die acht weltlichen Dhammas loslassen

Die acht weltlichen Dhammas sind Gewinn und Verlust, Verehrung und Verachtung, Lob und Tadel, Freude und Leid. Lernt man diese Dhammas loszulassen, praktiziert man Nekkhamma.

Aber man muss aufpassen, die Askese nicht ins Extreme zu treiben. Loslassen hat viel mit Vertrauen zu tun. Wenn dieses Vertrauen stärker ist als Weisheit, kann es dazu kommen, dass Handlungen ins extreme umschlagen.

Daher beinhaltet der mittlere Weg das Loslassen. Die Mitte zwischen Ausarten in Sinnesbegierden und zu strenger Askese zu finden, ist Nekkhamma. Dann ist es möglich zu erkennen, wieviel Freunde und Zufriedenheit in einem einfachen Leben und im Verzicht liegen können. Die Einfachheit hilft dabei, dass Wesentliche zu erkennen.

Verzicht im Sinne des Buddhas wäre, Dinge loszulassen, die nicht so wichtig sind, um ein viel höheres Glück zu erreichen.