Dies ist eine kurze Einführung in die Vipassana-Meditationspraxis .

Vipassana bedeutet Einsicht, d. h. Einsicht in das wahre Wesen der Existenz. In sehr vielen Teilen der Welt sind die Menschen heutzutage an Meditation interessiert. Aber die meisten Menschen sind doch noch stärker an materieller Entwicklung interessiert und kümmern sich nicht so sehr um spirituelle Angelegenheiten. Erst wenn sie feststellen, daß materielle Dinge nicht glücklich machen – eher im Gegenteil, beginnen sie, nach Auswegen zu suchen; vielleicht finden sie eine Antwort auf ihre Probleme in der Meditation. Viele Menschen denken immer noch, Meditation sei etwas wie Magie oder Hypnose oder eine Art von Gebet, das vornehmlich in der Kirche verrichtet wird und in dem Gott darum gebeten wird, den Menschen von Leiden, Hunger oder von Irrtümern durch Fehlverhalten zu befreien.

Um ein rechtes Verständnis der Meditation zu erreichen, wird ihnen angeraten, Selbstkontrolle von Körper und Rede zu üben. Ihr Handeln wird dann in Ordnung sein. Ferner werden sie die Kraft gewinnen, Ihren Geist nach innen zu lenken. Im Meditieren lernen sie, Ihren Geist von der Störung durch Verunreinigungen zu befreien und Weisheit zu sehen.

Wenn sie sich auf rechte Weise konzentrieren können, werden Frieden und Harmonie ihren Geist erfüllen. Sie werden klar sein und sich glücklich fühlen und auch Ihre Umgebung klar machen, sogar die ganze Gesellschaft wird davon profitieren. Nach einiger Zeit werden sie imstande sein, die Meditation auch im täglichen Leben auszuüben; und das ist wichtig, weil wir alle viel Zeit auf unsere alltäglichen Dinge verwenden. Vollkommenes Gewahrsein während der alltäglichen Aktivitäten wird sich als nützlich erweisen, weil sie die Dinge viel schärfer sehen und sie nicht so viele Fehler machen.

Schon jedes einzelne Bewußtmachen irgendeiner Deiner Handlungen ist Meditation. Also fühle Dich nicht entmutigt, wenn Du nicht die ganze Zeit aufmerksam sein kannst. Während eines Retreats ist es wichtig, die vier Grundlagen der Achtsamkeit zu betrachten. Sie sind:

Betrachtung über den Körper

Betrachtung über die Gefühle

Betrachtung über das Bewußtsein

Betrachtung über die Erscheinungen der Natur, die Geistesobjekte sind.

Wir werden nun die Technik der Meditationspraxis sowie dabei aufkommende Verunreinigungen oder Hindernisse erläutern und auch über die Bedeutung von Meditation sprechen.

KAPITEL 1

In der Praxis der Vipassana-Meditation gibt es verschiedene Übungen:

  • die Sitzübung,
  • die Gehübung, zusammen mit
  • der Stehübung,
  • die Niederwerfungsübung,
  • die Liegeübung.

Die Sitzübung

Sitze mit gekreuzten Beinen, vorzugsweise im halben Lotus-Sitz, d. h. ein Fuß liegt auf dem Oberschenkel des anderen Beins. Halte den Rücken gerade und aufrecht. Lege die rechte Hand in die linke. Schließe Deine Augen oder lasse sie offen und fixiere Deinen Blick etwa einen Meter vor Dir. Nimm Dir einige Zeit, bevor Du anfängst, um Dich richtig und so bequem wie möglich hinzusetzen.

Richte Deine Aufmerksamkeit dann auf den Bereich Deines Körpers, den der Atem in Bewegung versetzt; die meisten werden herausfinden, daß der Nabel das Zentrum der Bewegung ist. Versichere Dich, daß Dein Körper so atmet, wie er will; also beeinfluße den Atem nicht. Bei jedem Einatmen wird sich Dein Nabel bewegen, mache dann eine geistige Bemerkung dazu. Sage im Geist: “Heben”. Bei jedem Ausatmen wird sich Dein Bauch zurückbewegen, mache dann die geistige Bemerkung: “Senken”. Fahre fort damit, innerlich zu sagen: “Heben” und “Senken”, jeweils entsprechend der Bewegung des Bauches. Dies ist die Grundübung des Sitzens.

Die Gehübung

Beim Gehen liegt die Aufmerksamkeit auf dem Fuß, der gerade bewegt wird. Mache während des Vollzugs der Bewegung eine geistige Bemerkung zu dieser Handlung. In dieser Übung gibt es mehrere Phasen.

Die erste ist, daß wir nur bemerken, daß ein Fuß sich vorwärts bewegt. Die geistige Bemerkung ist: “Links gehts so, rechts geht so, links geht so” etc.

Bemerke in der zweiten Phase das Heben und Aufsetzen des Fußes. Sage: “Heben, treten”.

In der dritten Phase geht die Aufmerksamkeit auch zu der Bewegung dazwischen. Sage innerlich: “Heben, gehen, treten”.

Die vierte Phase: “Ferse hoch, heben, gehen, treten”.

Die fünfte: “Ferse hoch, heben, gehen, senken, treten”.

Die sechste: “Ferse hoch, heben, gehen, senken, treten, drücken”. Beim Drücken wird das Gewicht nacheinander auf beide Füße verlagert.

Achte darauf, die geistige Bemerkung wirklich dann zu machen, wenn die Bewegung gerade passiert; nimm die Bewegung also nicht vorweg, und laß Deinen Geist nicht nachhinken. Sieh nicht auf Deinen Fuß blicke etwa zwei Meter vor Dir und halte den Körper aufrecht. Stelle Dich, bevor Du mit dem Gehen anfängst, aufrecht hin und mache Dir vollkommen bewußt, daß Du stehst.

Mache entsprechend die geistige Bemerkung: “Stehen, stehen, stehen”. Gehe dann und führe die oben beschriebene Übung durch, und zwar so weit, wie es der vorhandene Raum erlaubt, aber wähle die Strecke besser nicht länger als zehn Meter. Stelle jetzt Deine Füße wieder zusammen und sage wieder: “Stehen, stehen, stehen”. Drehe Dich danach herum, sei völlig wachsam bei dieser Handlung und sage: “Drehen, drehen”….Stehe dann wieder und sage: “Stehen, stehen, stehen”, bevor Du in die entgegengesetzte Richtung gehst.

Am besten bleibt man im Anfangsstadium der Meditationspraxis bei der einfachen Übungsphase. Es ist ratsam, erst dann zu der nächst-schwierigeren Übungsphase überzugehen, wenn man genügend Praxis hatte.

Die Niederwerfungsübung

Knie auf dem Boden und sitze auf den Fersen, die Füße ruhen auf den Zehen. Der Rücken ist gerade. Lege nun die Hände zusammen und richte die Daumen gegen die Brust in Herzhöhe. Sage innerlich: “Reinheit”. Mache Dir dabei keine Bilder, richte Deine Aufmerksamkeit einfach auf das Herzzentrum.

Hebe dann die Hände soweit, bis die Daumen die Stirn berühren. Richte Deine Aufmerksamkeit dorthin und sage innerlich: “Mitgefühl”.

Die folgende Bewegung besteht darin, die Unterarme und die Hände auf den Boden zu plazieren; die Ellbogen berühren die Knie, und die Hände liegen mit den Handflächen nach unten, die Daumen berühren sich an den Spitzen; lege die Stirn zwischen die Hände und sage innerlich: “Weisheit”.

Komme nach einiger Zeit zurück zu der Ausgangsposition und wiederhole den gesamten Ablauf. Tue dies mindestens dreimal. Es ist empfehlenswert, diese Übung vor jeder Sitz- oder Gehperiode durchzuführen. Sie wird Dir dabei helfen, einen Abstand zwischen Dir und Deinen alltäglichen Aktivitäten zu schaffen.

Für Buddhisten kann diese Übung erweitert werden. Beim ersten Mal konzentriere man sich auf die Eigenschaften des Buddha, indem man innerlich sagt: “Buddha, Reinheit, Mitgefühl, Weisheit”. Beim zweiten Mal betrachte man das Dhamma, was bedeutet, daß alle Dinge als hier und jetzt existierend gesehen werden sollten und daß man nur die Erfahrung verzögert, wenn man die Dinge erst nach dem gegenwärtigen Moment sieht. Beim dritten Mal das Sangha, was bedeutet: Geradheit, Rechtschaffenheit und rechtes Verhalten in Frieden und Harmonie.

Die Liegeübung

Liege auf der Seite. Lege eine Hand auf den Oberschenkel und benutze die andere dazu, den Kopf abzustützen, und zwar so, daß der Oberarm, der Unterarm und der Kopf ein Dreieck bilden; der Kopf liegt nicht auf dem Boden; das ist wichtig, um nicht schläfrig zu werden. Achte im Liegen wieder auf den Atem: “Heben, senken”.

Während eines intensiven Meditationskurses sollte das Training nicht unterbrochen werden. Also kein Lesen, kein Sprechen, kein Schreiben, kein Musikhören, kein Singen, kein Wechseln der Technik oder des zuständigen Lehrers. Sei z. B beim Waschen dieser Handlung völlig gewahr und benenne sie. Sei beim Essen sehr achtsam und benenne jede Handlung. Führe Tätigkeiten wie Waschen und Essen sehr langsam aus, da sie ziemlich kompliziert sind! Gehe, wenn Du irgendwohin gehen mußt, in dem Tempo des Hebens, Gehens, Tretens (d. h. langsam genug, um die Bewegungen benennen zu können).

Schlafen:

Setze die Schlafenszeit auf sechs bis vier Stunden herab. Sei achtsam bei allen Verrichtungen, die zur Vorbereitung und zum Hinlegen nötig sind. Wenn Du im Bett liegst, sieh wieder, wie Dein Atem Deinen Körper hebt und senkt. Auf diese Weise gibt es keine Unterbrechung der Meditation.

Es ist wichtig, daß genausoviel Zeit auf das Sitzen verwendet wird wie auf das Gehen. Die Gehübung ist die Quelle der Energie, und sie entwickelt Achtsamkeit. Die Sitzübung fördert insbesondere Konzentration und die weitere Entwicklung der Achtsamkeit.

KAPITEL 2

Umgang mit Hindernissen

Wenn während der Meditationspraxis nicht allzuviele Gedanken oder andere Ablenkungen aufkommen, so liegt das an rechter Konzentration. Wenn viele Gedanken mit vielen Geistesobjekten aufkommen, dann ist keine Konzentration vorhanden.

Ich möchte Dich so anleiten, daß Du die Geistesobjekte gebrauchen kannst, anstatt sie als Hindernisse zu betrachten. Du wirst lernen, mit Gedanken umzugehen und mit allem anderen, das Deinen Geist ablenken mag. Es gibt fünf Erscheinungen von Hindernissen, nämlich: Verlangen, Haß, Mattigkeit, Besorgnis, Zweifel. Besprechen wir zunächst ausführlich das Verlangen:

Jedes sinnenmäßige Verlangen, d. h. ein Verlangen das durch den Kontakt mit einem der Sinne entsteht, ist eine Art von Hindernis. Wir können sogar soweit gehen zu sagen, daß der Wunsch, eine gute Meditation zu haben, ein Hindernis darstellt.

Wenn ein Gedanke aufkommt, willst Du den Gedanken vielleicht loswerden, weil Du eine gute Meditation haben möchtest. Auf diesem Weg funktioniert das Meditieren aber nicht; denn wenn Du Gedanken unterdrückst, wirst Du verwirrt, weil weiterhin Gedanken aufkommen, und so ist die ganze Zeit Konditionierung vorhanden.

Wenn Du aber Deines Verlangens gewahr bist in dem Moment, wo es aufkommt, dann kannst Du es für die Meditation gebrauchen. Du kannst es als ein Objekt für die Meditationspraxis gebrauchen. Wenn der Wunsch nach einer guten Meditation da ist, beobachte den Wunsch und benenne ihn: “Dies ist Wunsch” oder “Wollen”. Wiederhole dies solange, bis es für Deinen Geist klar ist, daß ein Wunsch da ist, und dann wird der Wunsch nicht mehr länger vorhanden sein. Nun kannst Du zur gewohnten Praxis zurückkehren.

Es ist also nötig, völlig gewahr zu sein, sich des Verlangens bewußt zu sein oder es zu entdecken, bevor es uns in seinen Griff bekommt.

Wir mögen auch erkennen, daß unser Geist nicht mehr zufrieden ist, weil er von Wünschen abgelenkt wird. Indem Du mit Deinen Wünschen in dieser Weise arbeitest, werden die Wünsche von Hindernissen zu Grundlagen der Achtsamkeit verkehrt, und sie können sogar als gute Wünsche gesehen werden.

Das zweite Hindernis ist das des Ärgers. Haß umschließt die ganze Kette von Gefühlen von einer leichten Reizung bis zu wütendem Haß, z. B. Zorn, Widerwille, Übelwollen. Gedanken dieser Art sind sehr negativ. Wenn eine Neigung zu Haß vorhanden ist oder dazu, Dich über Dich selbst oder jemand anderen zu ärgern, dann ist das eine Erscheinung von Übelwollen, und das bildet immer ein Hindernis.

In diesem Hindernis ist viel negative Kraft. Wenn Du das erkennst, kannst Du diese Kraft ändern und sie als ein Geistesobjekt für die Meditation gebrauchen. Das geschieht genauso wie mit dem Verlangen, also machen wir eine geistige Bemerkung zu diesem Gefühl, sobald wir erkannt haben, daß es aufgetaucht ist, indem wir sagen: “Dies ist Übelwollen” oder “Dies ist Zorn” oder “Dies ist Abneigung” oder “Dies ist Aggression”. Indem wir das tun, werden wir gewahr, daß solch ein Gefühl aufgekommen ist, und gleichzeitig meditieren wir darüber. Wenn Du nach einiger Zeit siehst, daß sich das Gefühl durch sein Bemerktwerden gelegt hat, gehst Du wieder zurück zu der gewöhnlichen Übung.

Mattigkeit ist das dritte Hindernis. Mattigkeit, Schläfrigkeit, Dumpfheit, Faulheit, Starrheit. Diese Art von geistiger Erscheinung ist ein Hindernis, weil sie unseren Geist und unser Bewußtsein so sehr ablenkt, daß wir nicht mehr dessen gewahr sind, was wir hier und jetzt tun. Wir verlieren sogar den Kontakt mit der Meditationstechnik.

Aufgrund von Faulheit und geistiger Starrheit wird der Geist träge. Dieser Geisteszustand ist der durch gewiße Drogen verursachten Trägheit nicht unähnlich. Infolge der Mattigkeit können wir nicht gewahr sein, Meditation ist also nicht vorhanden. Wir versuchen vielleicht, gewahr zu bleiben, aber Faulheit und Trägheit haben soviel Kraft, daß wir ihnen nicht wiederstehen können. Wenn dies geschieht, brauchst Du eine Veränderung; stehe z. B. auf und mache ein paar Schritte, wasche Dein Gesicht, tue etwas, um Deinen Körper wach zu halten. Wenn all diese Dinge nichts helfen, legst Du Dich vielleicht hin um zu schlafen; aber tue dies mit dem festen Entschluß, in dem Moment wieder aufzustehen, wenn Du wach wirst.

Die vierte Erscheinung von negativem Bewußtsein ist das Hindernis der Besorgnis und der Ruhelosigkeit. Sie mögen Dich die ganze Zeit über ablenken. Wenn dies geschieht, funktioniert Deine Achtsamkeit nicht mehr, und Dein Geist ist unklar. Also mußt Du Deinem Geist klarmachen, daß Du Dich sorgst oder daß Du ruhelos bist. Du magst Dich fragen: “Was ist diese Besorgnis von mir?”

Du mußt mit sehr scharfer Aufmerksamkeit hinsehen. So ist nun das Geistesobjekt “Besorgnis” das Meditationsobjekt, und Du machst Gebrauch von Deiner Sorge. Achte darauf, daß Du die Besorgnis nicht schlimmer machst, d. h. verstärke sie nicht, nimm sie wie sie ist. Sieh in Dein Herz und wiederhole im Geiste: “Dies ist Besorgnis”; tue das mehrere Male. Jetzt wird die Ablenkung zu einer positiven Kraft, die zu Deiner Stärke beitragen wird.

Das letzte der Hindernisse ist Zweifel. Was für ein Zweifel auch immer aufkommen mag, er wird Deinen Geist immer in die Irre führen und so den Fortgang der geistigen Entfaltung hemmen. Sei der Art des vorhandenen Zweifel gewahr und dessen, worüber Du zweifelst, oder was es ist, das Dich zweifeln läßt. Sei nicht zu sehr darauf gerichtet, Antworten zu erhalten, denn das geschieht nur auf der Ebene des Verstandes, und darin liegt keine Weisheit. Einsicht und intuitives Wissen liegen jenseits von vernünftigem Denken. Das Umgehen mit dem Zweifel ist keine Sache von Mutmassen oder logischem Urteilen, sondern von etwas, wofür es vielleicht kein Wort gibt. Es ist eine Art von Verstehen, rechtem Verstehen.

Wenn Du erkennst, daß der kritische Teil Deines Gehirns nicht die Antworten liefern wird, dann bist Du auf dem Weg zum Verstehen. Laß die Antworten für eine Weile sein, laß sie ruhen und versuche, Einsichts-Wissen, Einsichts-Erfahrung zu entwickeln, was mit Weisheit verbunden ist.

Gebrauche das Hindernis wieder als Meditationsobjekt, indem Du Dein Gewahrsein oder Deine Achtsamkeit auf Deinen Zweifel richtest, und wiederhole geistig: “Zweifeln, zweifeln”. Fahre so fort, bis sich der Zweifel auflöst, und Du kannst die gewohnte Übung wiederaufnehmen. Wichtig ist, wenn Du Dein altes Bewußtsein zusammen mit Deinem Zweifel verlierst , daß Du vielleicht eines neuen Bewußtseins gewahr wirst; dies mag beweisen, daß etwas Weisheit gewonnen ist.

Jeder, der Meditation praktiziert, wird mit den fünf Hindernissen konfrontiert, deshalb ist es sehr wichtig, sie gründlich zu kennen.

Mache immer Gebrauch von den Hindernissen, das wird Deine Stärke vergrössern. Bekämpfe sie nie, dann verlierst Du an Stärke , und Kämpfen ist Gewalt, nicht Frieden. Wir meditieren, um ruhig zu sein, gesammelt und konzentriert. Also laßt uns nicht kämpfen.

Laßt uns alles, was kommt, in Kontakt mit unseren Sinnen annehmen. Alle sechs Sinne können bei jedem Kontakt ein Hindernis liefern, zumindest wenn Du in es hineingehst. Wenn Du des Sinneskontaktes gewahr bist, dann gibt es kein Hindernis, sondern starke Aufmerksamkeit, die zur Entfaltung von Einsicht führt.

Der Grund für das Aufkommen der Hindernisse ist, daß wir in dem Moment des Kontaktes nicht gewahr, nicht achtsam sind, deshalb führen sie zu allen möglichen Arten von Gefühlen. Ich will ein Beispiel geben: Wenn Du eine Blume ansiehst, dann ist nur Sehen da. Das ist OK. Wenn Du anfängst, andere Dinge zu denken wie: “Was für eine Blume ist das, oder woher kommt sie, oder wieviel kostet sie”, dann spielt Konditionierung eine Rolle. Und wenn Du nicht sehr wach bist, werden weiter neue Fragen aufkommen. Wenn dies geschieht, ist der Kontakt vollkommen verlorengegangen, jetzt wirkt nur das Gefühl auf Dich.

Also, der/die – gute – Meditierende sieht nur dann, wenn er/sie bloß sieht, mehr nicht. Das ist real.

Die Blume anzusehen, ist real, sogar ihre verschiedenen Farben zu sehen, ist real, aber nicht mehr als das. Wenn Du mehr erlaubst, wird es zu einem Problem für Deine Meditation werden, sogar in Deinem täglichen Leben. Wenn Du eine Straße entlang gehst und an irgendeinem Geschäft vorbeikommst, dann sind da viele Dinge zu sehen, und Wunsch oder Abneigung werden aufkommen, falls Du mehr tust als bloß zu sehen, und so gerätst Du beim Gehen ständig in Probleme.

Während eines Retreats beobachten wir uns selbst, um in Kontakt mit den Sinnen zu kommen so, wie sie sind. Indem wir das tun, entwickeln wir Schritt für Schritt Kraft, und zusammen mit Kraft entwickeln wir Konzentration, rechte Konzentration. Manchmal werden gewisse körperliche Empfindungen auftauchen, wie z. B. Schmerz, Jucken oder irgendein angenehmes Körpergefühl. Handle nun wie ein Beobachter und sei des Sinneskontaktes gewahr und benenne ihn sofort, um so dem Aufkommen der Gefühle keine Chance zu geben. Wenn Du weiter alles benennst, was von Deinen Sinnen entsteht, dann ist nichts als Kontakt da, und es sind keine Gefühle wie gut oder schlecht, angenehm oder unangenehm da. Sieh, durch welches Sinnesorgan der Kontakt entstanden ist. Wenn aufgrund von Nicht Gewahrsein ein Gefühl aufgekommen ist, richte Deine Aufmerksamkeit auf Dein Herz und mache die geistige Bemerkung: “Dies ist ein Gefühl”; fahre damit fort, bis Du siehst, daß das Gefühl verschwunden ist. Zum Beispiel: Wenn Du Schmerz in Deinem Bein verspürst, und Du magst keinen Schmerz, dann ist Schmerz unangenehm. Du wirst Dich selber von Schmerz überwältigt fühlen, Du beginnst daran zu denken, den Körper zu bewegen, oder Du beginnst, Dich auf das Ende des Meditationsabschnitts zu freuen etc. Eine negative Haltung gegenüber dem Schmerz ist da. Was Du nun tun solltest, ist, etwas Abstand zwischen Dir und dem Schmerz zu schaffen. Du magst dies tun, indem Du innerlich sagst: “Schmerz, Schmerz”, mit Deiner Aufmerksamkeit im Herzzentrum. Auf diese Weise wird der Schmerz seine Gewalt über Dich verlieren, und eventuell wird er ganz aufhören.

Alle Meditierenden werden sich selbst mit Moral beschäftigen müssen, der wirklichen Moral. Das Praktizieren von Moral heißt: die Sinne zurückzuhalten. Die Praxis besteht darin, zu lernen, nicht von Deinen Sinneskontakten beeinflußt zu werden.

Wenn Du Dir selbst erlaubst, von den Sinneskontakten beeinflußt zu werden, wirst Du eine harte Zeit haben. Wenn Du wach bleibst und den genauen Moment des Sinneskontaktes bemerkst, dann ist echte Moral entstanden. Und Moral wird Dich zu rechter Konzentration führen. Es gibt auch eine Moral, die sich darauf bezieht, einen Eid zu halten oder gewisse Vorschriften zu beachten. Aber das ist nicht die wirkliche Moral für diejenigen, die meditieren. Die echte Moral ist das Gewahrsein jedes Sinneskontaktes in jedem Moment. Mit dem Aufbauen von Moral wird auch leicht Konzentration kommen, und die Meditation wird leicht sein.

Wenn Du siehst, und Du siehst wirklich, dann bist Du des Sehens gewahr. Es ist keine Illusion, keine Unwissenheit vorhanden; Du siehst sie, wie sie sind, und das ist richtig. Sehen ist gut. Wenn Du auf diese Weise sehen kannst, wird Loslösung kommen, und Du wirst Dich nicht dazu verpflichtet fühlen, irgendetwas mit dem Sehen zu tun. Du bist frei von dem, was Du siehst.

Dasselbe geht auch mit dem Höhren. Es ist immer gut zu hören, denn Dein Ohr ist in Ordnung, Du bist nicht taub. Du kannst hören, ohne Illusionen zu schaffen, also ohne Deine Konditionierung zu gebrauchen. Es ist reiner Klang vorhanden, von dem Du frei bist, mit dem Du Dich nicht zu identifizieren brauchst.

Zurück zum Sehen. Beim Sehen sieht Dein Auge, Du bist nicht blind. Der bloße Akt des Sehens geht einher mit Verstehen und wird nun keine Probleme schaffen. Dies ist die wahre Praxis der Meditation. Wenn Du in dieser Weise praktizierst, werden Schritt für Schritt Moral und Energie kommen; gleichzeitig wirst Du Konzentration gewinnen, die Dir überall folgen wird; daraus wird Weisheit entstehen.

Um es anders zu sagen:

Sila – Moral,

Samadhi – Konzentration,

Panna – Weisheit

werden entstehen, und sie werden gleichzeitig in einem Prozeß entstehen. Dies entspricht dem Buddhismus und ist für diejenigen gedacht, die Nachfolger unseres Herrn Buddha sind, und für diejenigen, die den Buddhismus studieren wollen.

KAPITAL 3

Nanakatha

Für jemanden der Vipassana praktiziert, ist es besonders wichtig, die sechzehn nanas in aufeinanderfolgender Ordnung klar zu verstehen. Das Wort nana bedeutet in direkter Übersetzung Wissen, Verständnis, Gewahrsein oder Intelligenz.

Das erste nana ist Namarupaparicchedanana – das analytische Wissen von Geist und Körper. Wenn man nicht im Sinne von Vipassana meditiert, kann man nicht die Wechselbeziehung von Geist und Körper erkennen.

Gleichzeitig ist es schwierig, ihr Funktionieren zu einem speziellen Zeitpunkt zu verstehen. Es ist leicht zu sehen, daß Geist und Körper existieren, aber es ist schwierig, ihre wahren Merkmale zu sehen, bis daß man die Vipassana-Meditation praktiziert und das analytische Wissen von Geist und Körper erlangt. Indem Du mit dem Benennen der körperlichen Bewegungen: Sitzen, Stehen, Gehen oder Liegen praktiziert, siehst Du, daß der Körper und der Geist zusammen arbeiten. Im täglichen Leben ist es unmöglich, die Harmonie zwischen ihnen zu sehen.

Dies zu sehen, ist das erste Zeichen, daß Du die rechte Sicht von Dir selbst erlangt hast, was das rechte Bild von Deiner Persönlichkeit ist. Du weißt wirklich, wer Du jetzt bist, nicht in der Vergangenheit oder in der Zukunft, sondern hier und jetzt.

Dies ist die wahre Bedeutung des analytischen Wissens von Geist und Körper. Es wird durch diese Meditationsmethode realisiert, indem Du der Arbeit von Geist und Körper gewahr bist. Dies wird als volles Verständnis, volle Intelligenz oder Weisheit betrachtet, was Dein erster Schritt der Erkenntnis ist. Bevor Du dieses Wissen oder Gewahrsein erlangst, mußt Du durch die Reinigung von Disziplin und die Reinigung von Geist gehen. Dies bedeutet, daß Du nicht gestört wirst durch Hindernisse wie Sinnenverlangen, Haß, Übelwollen, Faulheit, Trägheit, Mattigkeit, Ruhelosigkeit oder Zweifel. In der Folge davon ist Dein Geist klar. Als ein Schritt dahin mußt Du durch sehr viel Disziplinübung gehen. Wenn Du von diesen negativen Qualitäten frei bist, bist Du in der Lage, die rechte Sicht zu erlangen, was als der erste Schritt des nana oder Wissens betrachtet wird.

Das zweite Wissen ist Paccayapariggaha-nana – Wissen, das sich mit dem Konditionieren von Geist und Körper beschäftigt. Wenn man weiter praktiziert, kann man sehen, wie Geist und Körper sich gegenseitig konditionieren. An diesem Punkt wirst Du sehen, daß es Dein Geist ist, der Deinen Körper konditioniert und umkehrt, da beide ständig Ursache und Wirkung füreinander sind.

In Deiner Meditation ist die erste Art von Gewahrsein das Erkennen des Körpers als Meditationsobjekt, was Kayanupassanasatipatthana genannt wird, indem die Grundlage der Achtsamkeit auf den Körper gerichtet wird. Du beobachtest das Heben und Senken des Bauches als eine Manifestation des Atemprozesses, in dem die Schwingung des Luftelements durch Deine Nase, Herz, Lungen, den ganzen Weg hinunter zum Bauch geht. Es ist der Geist, der all diese Geschehnisse beobachtet und erkennt. In anderen Worten: es ist der Geist, der das Existieren des Körpers verursacht.

Auf der anderen Seite ist der Körper ebenso die Ursache für den Geist. Oftmals, auch wenn der Geist abwesend ist, geht der Atem unbewußt dennoch weiter. Es ist die Körperbewegung, die es verursacht, daß der Geist diese erkennt.

Manchmal ist der Geist inaktiv, halb wach, halb schlafend. Weil der Körper unbewußt arbeitet, verursacht er, daß der Geist dabei ist. Dies ist offensichtlicher in der Gehmeditation. Wenn Dein Fuß schreitet, Dein Schritt vollendet wird, kommt Dein Gewahrsein danach. Dein Geist wandert weg, tagträumend, oder er wird durch Blicke oder Geräusche unterbrochen. Du gehst geistesabwesend weiter. Unterbewußt ist der Geist immer noch die Ursache für die Körperbewegung. Anschließend ist es der Körper, der es verursacht, daß der Geist wiederkommt und wieder achtsam ist.

Nach dem Essen fühlst Du Dich manchmal dumpf und schläfrig. Dieser Geisteszustand wird dadurch verursacht, daß der Körper zuviel isst. Wenn Du nicht aufpasst, neigst Du dazu, Dich zu überessen. Der köperliche Bedarf an Nahrung im Retreat ist geringer als normal. Wenn Du das nicht erkennst, hälst Du an der alten Essgewohnheit fest. Im täglichen Leben mußt Du mehr essen, um köperliche Kraft und geistige Energie zu gewinnen, um Deine Arbeit zu tun. Im Retreat erneuert der Körper die Energie nicht. Deshalb fühlst Du Dich schläfrig. Das Praktizieren der Meditation hilft Dir, diesen Prozeß sehr klar zu verstehen. Wenn die Nahrung im Körper ist und nicht gebraucht wird, verlierst Du die Balance zwischen Geist und Körper. Die Ursache dafür, daß der Körper nicht richtig funktioniert, ist, daß der Geist konditioniert ist, obwohl der Geist vor dem Essen klar war.

Während des Retreats hast Du viel Zeit, um den psychophysikalischen Prozeß, wie Geist und Körper sich gegenseitig konditionieren, zu beobachten. Die permanente Beobachtung von Dir selbst ist wahre Vipassana-Praxis.

Wenn Du dies gesehen hast, werden alle Zweifel und Fragen über Dich selbst verschwinden. Nachdem Du das zweite Wissen erlangt hast das Wissen, was das Konditionieren von Geist und Körper betrifft -, erlangst Du die Reinigung des Überschreitens von Zweifel. Du hast nun ein klares Verstehen um die Vergangenheit und die Zukunft. Manchmal bringen Deine Meditationsbilder Erinnerungen zurück, die lange in der Vergangenheit vergessen waren. Andere Male siehst Du die Dinge, die Du nie zuvor gesehen hast. Dies ist in der Tat das Ergebnis davon, das zweite nana erhalten zu haben.

Das dritte nana ist Sammasana-nana das Wissen vom Verstehen der universalen Merkmale. In Deiner irdischen Erfahrung scheinen Dinge zu existieren und bleibend zu sein. Wenn Du das analytische Wissen von nama-rupa erlangt hast und das Wissen darum, daß Geist und Körper sich gegenseitig konditionieren, erst dann beginnst Du sie im Sinne von universalen Merkmalen zu sehen.

Wenn Du diesen Zustand wiederholt erfahren hast, bist Du überzeugt, daß es verschiedene Veränderungen im Geist und Körper gibt, zusammen mit Schmerz, Leiden und Unzufriedenheit, plus der Unfähigkeit, sie zu kontrollieren. Wenn Du dies klar wahrnimmst, bist Du dazu gekommen, die Situation zu akzeptieren. Ferner nimmst Du die Veränderungen in Dir selbst wahr und sogar die Veränderungen in Deinen Meditationserfahrungen. Außerhalb des Retreats können diejenigen, die täglich oder wöchentlich meditieren, ohne Problem eine Stunde lang sitzen.

Im Retreat, nachdem sie Sammasana-nana erlangt haben, könnten sie nicht einmal zehn Minuten lang sitzen, weil sie von Schmerz überwältig werden. Dein Geist ist manchmal zerstreut. Diese Erfahrung ändert Deinen Glauben daran, daß Du Dein Sitzen für einen längeren Zeitraum kontrollieren kannst. Es ist auch offensichtlich, daß Du unzufrieden geworden bist mit Deiner Praxis.

Dies ist in der Tat das Merkmal des dritten Wissens, das den Beginn von Vipassana markiert. Wir könnten sagen , wenn Dein Schmerz so intensiv ist, daß Du fühlst, es ist unmöglich, die Praxis fortzuführen, daß Du dann beginnst, Vipassana zu praktizieren.

Einige Leute mögen ein ganzes Leben lang meditiert haben, sind aber unfähig, mit dieser Technik zu praktizieren, erkennend, daß dies die wahre Praxis von Vipassana ist. Diese Behauptung mag für viele Meditierende seltsam klingen. Für viele Leute mag dies abnorm klingen. Wenn Meditierende mit diesem Konzept praktizieren, brauchen sie einen kompetenten Lehrer, der sie den Weg entlang führt.

Diejenigen, die neu sind, neigen dazu ihre Praxis aufzugeben, weil sie das Vertrauen verlieren, wenn sie nicht genug praktiziert haben. Sie laufen sogar mitten im Retreat weg. Das liegt an ihrer schwachen Persönlichkeit, sie sind nicht fähig, sich selbst zu kontrollieren. Wenn sie einmal weggelaufen sind, ist es unwahrscheinlich, daß sie zurückkommen. Sie sind noch nicht wirklich in Vipassana hineingekommen. Auch wenn sie nochmals anfangen, werden sie dasselbe Geschehen sehen und deshalb denken, daß dies nicht der Weg ist.

Anfangs mögen sie sich ermutigt fühlen zu praktizieren, nachdem sie einige Bücher gelesen haben oder einige Reden gehört haben, aber bald entwickeln sie Zweifel, kommen also zum Schluß, daß Meditation nichts für sie ist. Manchmal kann ein kompetenter Lehrer sie davon überzeugen, mit dem Praktizieren fortzufahren, aber in anderen Fällen mißlingt es ihm. Einige verlassen das Retreat sogar, ohne Aufwiedersehen zu sagen.

Meine Studenten, die diesem Problem gegenüber stehen, ermutige ich, mich aufzusuchen, wenn sie daran denken, das Retreat zu verlassen. Ich wage zu sagen, daß ich eine bestimmte Taktik oder Macht habe, sie davon zu überzeugen zu bleiben. Sie brauchen Freunde, die verschiedene Techniken ausnutzen, die ihnen weiterhelfen und sie beruhigen. Es hilft auch, wenn die Meditierenden eine persönliche Neigung zu ihrem Lehrer empfinden, der damit jemand ist, zu dem sie während einer harten Zeit gehen können. Wenn man Meditation in korrekter Weise praktiziert und sich hoffnungslos fühlt, ist es schwierig, alleine zu sein. Man braucht jemanden, der einem Rat gibt. Nachdem dieser Zustand vorüber ist, ist es nicht mehr so schwierig. Du wirst Dich selber überreden können zu praktizieren, was es leicht macht, zum vierten nana zu gelangen – dem Entstehen und Weggehen von nama-rupa.

Davor bist Du durch eine schwierige Zeit gegangen, in der Du all die Unzufriedenheit, Unkontrollierbarkeit und Änderungen in Form von anicca, dukkha und anatta gesehen hast, die die Merkmale des dritten nana sind. Jetzt verwandelt es sich in etwas anderes. Nachdem Du praktiziert hast, hast Du viel Ermutigung, Inspiration, Willenskraft und starke Energie. Du hast Dich selbst darin geübt, damit umzugehen, bis Du das Entstehen und Wegfallen von nama-rupa erkennst. Es entsteht, dauert nicht lange, dann geht es weg. Dies gibt Dir etwas Hoffnung und Vertrauen. Wenn Du siehst, daß dies wiederholt geschieht, treten geistige Verdorbenheiten – genannt Vipassana-Verunreinigungen – ein. Dies ist das vierte nana, genannt Udayabbaya-nana.

Die erste Art der zehn Vipssana-Verunreinigungen ist die, das Licht zu sehen. Alles, was für gewöhnlich ein Irrgarten oder Chaos war, wird hell und klar. Es mag das erste Mal sein, daß Du großes Vertrauen fühlst, wenn Du diese Erfahrung hast, und daß Du fühlst, daß wirklich etwas in Deiner Meditationspraxis geschieht.

Später gewinnst Du ein tieferes Verständnis.

Wenn Du an etwas denkst, bekommst Du eine direkte und genaue Antwort. Dies ist das Merkmal von Verständnis, welches die zweite Art von Verunreinigung ist. Es betrifft auch Deine intellektuelle Fähigkeit im Sinne von logischem Denken. Deshalb neigst Du dazu, beim Praktizieren die Logik zu gebrauchen, sogar während der Geh- oder Sitzmeditation.

Die dritte Art von Vipassana-Verunreinigung ist Entzücken oder Exstase. Es ist die Art von Freude, die Dein Haar sich aufrichten läßt.

Die vierte Art ist Glücklichsein. Du hast niemals in Deinem ganzen Leben solches Glück erlebt. Jetzt erst beginnst Du Deine Meditationspraxis zu genießen.

Die fünfte Art ist Ruhe – das Gefühl von Stille und Stabilität, was im Gegensatz zum Entzücken steht. Mit einem ruhigen Geist fühlst Du Dich positiver.

Die sechste Art ist Entschlossenheit. Alle diese Erahrungen geben Dir großes Vertrauen in Vipassana und machen Dich gewillt, für den Rest Deines Lebens Dich der Meditationspraxis zu widmen. Gleichzeitig wünscht Du, daß Deine Freunde und alle von Dir Geliebten die selbe Möglichkeit hätten.

Die siebte Art ist ein Übermaß an Energie. Niemals zuvor hattest Du solche Energie. Es ist, als wenn der Körper sich automatisch bewegt. Du fühlst Deinen Körper voll von Kraft.

Die achte Art ist ein Übermaß an Achtsamkeit. Dein Geist, der normalerweise die Dinge nur langsam erkennt, wird schnell und aufmerksam. Er wird jetzt viel flinker darin, Kontakt mit den sechs Sinnen zu machen. Die Reaktion ist unverzüglich und direkt. Die Unwissenheit, die diese Bemerkungen gewöhnlich vernachlässigte, verschwindet.

Die neunte Art ist Gleichmut. Es gibt kaum Reizung, Ärger oder Verlangen infolge von Sinneskontakten. Du erreichst Ruhe im Sinne von Gleichmut.

Schließlich gibt es die zehnte Art von Vipassana-Verunreinigungen. Die Meditierenden fühlen sich einfach wunderbar in diesem Zustand, und zwar so sehr, daß sie sich verleiten lassen zu denken, daß sie übernatürliche Macht gewonnen haben oder erleuchtet worden sind.

An diesem Punkt fühlst Du Dich gut mit Dir selbst, der Situation und dem Retreat. Du bist voller Selbstvertrauen bis zu dem Punkt, daß Du denkst, weiter nichts tun zu müssen, und deshalb werden alle diese Zustände als geistige Verdorbenheit angesehen, die das Fortschreiten der Vipassana-Praxis blockieren.

Einige Meditierende erfahren alle zehn Arten von Vipassana-Verunreinigungen, während andere ein paar davon erfahren mögen. Jemand, der intelligent ist, kann in seiner Praxis besser sein. Er hat sein eigenes Verfahren des Benennens oder der Kenntnis der Meditationstechnik. Er fühlt sogar, daß das was er vom Lehrer lernt, nicht ausführlich genug ist, und denkt, daß er es besser tun kann als was ihm gesagt worden ist oder was er in Büchern gelesen hat. Er kann sehen, daß seine Erfahrung mehr auf der Linie mit dem liegt, was sein soll.

Tatsächlich sind die ersten neun Arten von Vipassana-Verunreinigungen positive Qualitäten, das heißt kusala (karmisch heilsam). Nur die letzte, das Gefallen, ist negativ, weil es Dich sorglos werden läßt. Es gibt Dir Stolz und hält Dich damit vom weiteren Praktizieren ab. Es beinhaltet Dein Verlangen und Deine persönliche Meinung. Sie sind verschiedene Formen von Konditionierung, weshalb sie Verunreinigungen genannt werden. Deshalb brauchst Du einen kompetenten Lehrer. Ohne ihn ist es schwierig für Dich, durch all diese Aufregungen hindurchzukommen.

Viele Meditierende werden verärgert darüber, daß der Lehrer ihre Erfahrungen mißbilligt. Einige sind mit ihm sogar nicht einverstanden. Der Lehrer muß einen Schüler davor warnen, an diesen Erfahrungen festzuhalten. Wenn der Schüler verärgert ist, gibt der Lehrer vor, sogar noch verärgerter zu sein. Dies sollte das übermäßige Selbstvertrauen des Schülers nach einiger Zeit verringern. Der Schlüssel ist es, weiter im Retreat zu bleiben und zu praktizieren, bis Du die höchste Stufe des vierten nana erlangst – das Entstehen und Weggehen von Geist und Körper.

Folglich wirst Du anicca, dukkha und anatta beobachten – die Unbeständigkeit, das Leiden und die Ichlosigkeit von nama-rupa. Du wirst allmählich voranschreiten, bis Du fühlst, daß Du nirgendwo hinkommst, währenddessen Du immer noch Leidenssubjekt bist. Wenn Du glaubst, erleuchtet zu sein, aber immer noch den Verunreinigungen unterliegst, wirst Du versagen. Wenn Du aber wirklich erleuchtet bist, wirst Du nie versagen. Wichtig ist es, daß, wenn Du das vierte nana einmal erreicht hast, Du niemals wieder unter diese Wissensstufe zurückfallen wirst.

Nun bist Du auf der richtigen Spur der Vipassana-Praxis, seitdem Du die Reinigung dessen, was der Weg ist und was nicht der Weg ist, erlangt hast. Du siehst klar, daß die zehn Vipassana-Verunreinigungen nicht der Weg sind. Im Gegenteil, das Sehen von anicca, dukkha und anatta ist wirklich der Weg.

Wir können sagen, daß Du die härteste und kritischste Zeit der Vipassana-Meditation passiert hast. Wenn Du alleine praktizierst, kannst Du leicht die Bedeutung von Vipassana verlieren, und das Praktizieren ohne Leitung kann zu Verrücktsein führen. Dies ist gefährlich. Viele Meditierende müssen mit dem Praktizieren aufhöhren, um zu Therapeuten zu gehen.

Wenn Du noch nicht die Reinigung dessen, was der Weg ist und was nicht der Weg ist, erreicht hast, dann gibt es keine Garantie dafür, daß Du richtig praktizierst. Du brauchst noch einen Lehrer oder einen Freund, der die Meditationstechnik besser als Du kennst. Diejenigen, die es schwer finden, die zehn Vipassana-Verunreinigungen zu erkennen, können die Stufen des Wissens aus der Sitzmeditation heraus identifizieren. Du kannst das Heben und Senken des Bauches als vier Schritte sehen: Heben, Heben, Heben, Heben, Pause, Senken, Senken, Senken, Senken, Pause. Dies beweißt, daß Du das vierte nana erreicht hast. Es ist nicht, weil Du es konditionierst. Es muß sich in Deinem gegenwärtigen Gewahrsein befinden.

Folglich, wegen dieses klaren Wissens, gewinnst Du Vertrauen und Entschlossenheit. Du beginnst, von Dir selber zu denken, daß Du großes Verdienst hast. Du denkst nach über Freunde und Verwandte, für die Du gerne hättest, daß sie praktizieren würden.

Das fünfte nana ist Bhanga-nana oder Wissen der Auflösung von nama-rupa. Nachdem Du vorher Vertrauen gewonnen hast, magst Du enttäuscht sein, zu sehen, daß Deine Meditation zusammengebrochen ist, wenn Du Deinen Atem nicht siehst, was auch ein Ergebnis von Konditionierung ist. Wenn Du gehst, bist Du unfähig zu benennen, da Dein Geist die ganze Zeit über aufhört zu funktionieren. Die meiste Zeit verschwindet Dein Gewahrsein. Es ist schwierig mit, mit dem Praktizieren weiterzumachen. Du wirst besorgt, und manchmal gibst Du das Praktizieren zeitweise auf. Du sitzt einfach im Raum und weißt nicht, was Du tun sollst.

Wenn Du da durchgehst, beweist dies, daß Du das fünfte nana erreicht hast. Es ist nicht viel Gewahrsein da, auch keine Willenskraft, nur eine Art von Unglücklichsein. Viele Male überlegst Du, mit dem Praktizieren aufzuhören. Wenn der Geist untätig ist, bleibe einfach dabei und tue nichts.

Diese Erfahrungen werden dann das sechste nana bringen – Bhaya-nana – das Gewahrsein von Furchtsamkeit.

Ganz plötzlich bist Du furchtsam vor etwas und hast ein mißtrauisches Gefühl zu der Situation. Es scheint, als ob Du verrückt geworden wärest – Du weißt nicht, was Du willst oder wo Du im Leben bist. Alles ist zusammengebrochen. Alle Deine Pläne, Deine Träume, Deine Projekte oder sogar Dein Leben sind zu einem Ende gekommen. Du wirst an diesem Punkt so träge und siehst nur die negative Seite der Dinge. Es sieht sogar draußen so trübe aus. Es gibt nichts für Dich darin.

Das siebte nana ist Adinava-nana – das Wissen vom Elend. Das fünfte, sechste und siebte nana kommen zusammen und geschehen sehr schnell zur gleichen Zeit, so daß es schwierig ist, sie einzeln voneinander zu unterscheiden. Zuerst gibt es das Gewahrsein des Verschwindens der Achtsamkeit, von Furchtsamkeit, dann von Elend und Verzweiflung. Wenn Du durch das siebte nana gehst, fühlst Du Dich so verzweifelt. Nachdem Du eine lange Zeit viel praktiziert hast, ist keine Hoffnung in Sicht.

Das achte nana heißt Nibbida-nana – das Wissen von Abneigung oder Widerwille. Dies ist ein kritischer Punkt für Meditierende. Du bist ziemlich enttäuscht über Deine Praxis. Wenn sie an diesen Punkt kommen, packen viele Meditierende ihren Koffer und verlassen das Retreat. Einige ändern ihre Meinung und kommen zurück. Einige fühlen das Bedürfnis, für einen Spaziergang hinauszugehen, nur für einen Szenenwechsel. Einige gehen vielleicht einfach um das Retreat-Center herum, während andere bis ins Dorf gehen oder sogar den nächsten Bus nach Hause nehmen.

Das Wissen des achten nana zielt darauf ab, Deine Erwartung zu vermindern. Wenn Du dazu gekommen bist zu realisieren, daß es an diesem Punkt nichts besseres zu tun gibt, fährst Du fort zu praktizieren.

Die wichtigste Sache, auf die ich Meditierende gerne hinweisen würde, ist, daß wenn die Praxis nach Erreichung des vierten nana wieder aufgenommen wird, immer vollkommenes Gewahrsein des Entstehens und Weggehens von nama-rupa bei Dir vorhanden sein wird, vom vierten nana an aufwärts gesehen.

Wenn Du widerwillig gegen nama-rupa bist, willst Du frei davon sein und alle diese Situationen los werden, was Dich dazu bringt, das neunte nana zu erkennen – das Muncitukamayata-nana – der Wunsch nach Befreiung. Du willst totale Freiheit von Deiner ganzen Persönlichkeit. Früher, nachdem Du eine Vorlesung gehört oder ein Buch gelesen hattest, wünschtest Du frei zu sein. Du konntest sehen, daß das Leben in Samsara voller Gefahr ist. Du wünschtest, Nirvana zu erreichen, aber dieses Gefühl war noch nicht wahr. Nachdem Du dieses Wissen in Deiner Meditationserfahrung erlangt hast, wird jener Wunsch sehr real. Du willst keinen Teil von diesen Leiden. Egal wie lange Samsara ist, wenn Du jetzt Befreiung erlangen kannst, sogar wenn als Tausch Dein Kopf abgeschnitten würde, Du würdest es nehmen. Du fühlst in Deinem Geist wirklich das Bedürfnis zu opfern. An diesem Punkt wendet sich der Geist zu Nirvana. Du hast nicht mehr länger den Wunsch, in dieser Art von Lebensprozeß zu bleiben. Du hast mehr oder weniger die Entschlossenheit, in die Richtung von Nirvana zu gehen, auch wenn es nur Hoffnung für den Moment ist.

Dann kommt das zehnte nana, — Patisankha-nana – das Wiederbeobachten des Geschehens von nama-rupa.

Nachdem Du einige Zeit praktiziert hast, fängst Du an zurückzuschauen, um die Erfahrung wieder zu bemerken oder wieder zu benennen, die Du von Beginn an, nämlich vom vierten nana an, gesehen hast, indem Du das Entstehen und Weggehen von nama-rupa siehst.

Wenn Du weiter praktizierst, wirst Du dazu kommen, das elfte nana zu erkennen, — Sankharupekkha-nana – das Wissen von gleichmütigem Gefühl. Ohne irgendeine Erwartung fühlst Du Dich gleichmütig gegenüber der Bildung von nama-rupa. Was auch immer aufkommt oder weggeht, es scheint nichts auszumachen. Du praktizierst weiter wie gewöhnlich. Was für eine Erfahrung Dir auch geschieht, es macht nichts. Du hast sie alle gesehen. Wir können sagen, daß Du das Sankharupekkha-nana an diesem Punkt erreicht hast.

Das nächste nana, das zwölfte, ist Anuloma-nana – das Wissen von Anpassung. Es ist, wenn Du alle Deine Erfahrungen in dieser Praxis wieder zur Betrachtung bringst, daß Du die Endbedeutung von Vipassana-Meditation erkennst. Dies markiert das Ende von Vipassana-nana. Es gibt nichts weiter zu tun.

Wenn Du danach gefragt wirst, wo in der Vipassana-Praxis Du Dich befindest, kannst Du sagen, daß Du den Kurs zuende geführt hast. Nichtsdestotrotz bedeutet das nicht, daß Du erleuchtet bist. Du hast Dich bewußt und wirklich in den Standard der Vipassana-Praxis eingefügt.

Die starke Stufe vom vierten zum zwölften nana bezeichnet die Reinigung des Weges, der zu Nirvana führt. Es wird so klar, was erklärt, warum Meditierende immer wieder zum Retreat zurückkommen. Obwohl sie mehrere verschiedene Kurse besucht haben, gewinnen sie neue Erfahrungen in der Vipassana-Praxis. Sie fühlen Vertrauen und fühlen sich im klaren darüber, was sie tun, obwohl sogar Außenstehende nicht verstehen und vielleicht denken, daß sie verrückt sind. Wenn Du große Unterstützung von Deinen verborgenen Verdiensten hast – Verdienste, die Du aus früheren Leben gewonnen hast –, mag die Bedingung erfüllt sein, die Dich befähigt, das dreizehnte nana zu erlangen, genannt: Gotrabhu-nana. Wie ich früher erwähnt habe, hast Du vielleicht ein Aufblitzen von Licht, eine Luftspiegelung oder kristallene Strahlung. Wenn Du nicht genug Unterstützung hast und Dein Weg noch nicht gereinigt ist, fällst Du vielleicht zurück.

Dies ist ein Schritt zwischen die weltliche und überweltliche Stufe. Meistens hält er beim zwölften nana an. Wenn man zum dreizehnten nana kommt, bedeutet dies, daß man anfängt zu passieren. Es ist ein Passierschein, ähnlich wie ein Visum, um die Landesgrenze zu passieren. Von diesem Punkt an wird sofort Magganana, das vierzehnte nana, folgen. Es wird leicht, nama-rupa ohne irdisches Bewußtsein verschwinden zu sehen.

Es wird dann gefolgt von Phala-nana – das fünfzehnte nana – das Wissen der Furcht. Um zu wissen, ob dieses Ereignis die wahre Erleuchtung ist, muß man den ganzen Prozeß noch einmal überblicken im sechzehnten nana.

Dieses nana – Paccavekkhana-nana — , das Wissen des Zurückblickens, ist wirklich eine Praxisform, die gebraucht wird, um den Zustand der Erleuchtung zu prüfen. Ein Meditierender kann mit der Sitzmeditation anfangen und wünschen, die nanas – vom vierten nana an beginnend – wieder duchzusehen. Du siehst das Entstehen und Weggehen von nama-rupa. Du magst sogar wünschen, daß Dein Körper und Geist für eine gewiße Zeit, deren Dauer von der Stärke Deiner Konzentration abhängt, verschwinden. Wenn dies in Deiner Sitzmeditation nicht geschieht, kann es in Deiner Steh- oder Gehmeditation geschehen. Das Verschwinden von nama-rupa, das egal in welcher Haltung gewonnen wird, beweist Deine Freiheit von Deinem Glauben an ein Selbst. Es gibt nicht mehr länger sakkhayaditthi . Das Selbst ist vollkommen entfernt worden. Es gibt keinen Zweifel mehr an der Erleuchtung in der Sprache von Buddha, Dhamma und Sangha. Es gibt kein Festhalten an übernatürlichen Kräften, von denen Du in der Vergangenheit gewöhnlich gewünscht hast, daß sie Dich erlösen.

Das Erreichen des fünfzehnten und sechzehnten nanas bedeutet das Erreichen von Sotapanna oder ein Stromüberwinder. Wenn Du Buddhas Lehre vollkommen verstehst, bist Du nicht länger abhängig von irgendjemandes Leitung beim Praktizieren. Du bist Dir selbst genügend geworden.

Wenn Du durch diesen Prozeß gegangen bist, beweist dies, daß Du die sechste und siebte Stufe der Reinigung gewonnen hast – die Reinigung des Pfades und der Einsicht. Es ist so klar, daß es all Deine skeptischen Zweifel aus Deinem Sinn entfernt.

Obwohl der Meditierende die Erleuchtung am entscheidenden Punkt nicht erreicht hat, praktiziert er doch weiter Vipassana und erfährt die nanas vom vierten bis zum zwölften nana.

Ein Meditierender muß die Merkmale der sechzehn nanas in dieser Abfolge in der Vipassana-Praxis erkennen. Du mußt es selbst erfahren. Es gibt keine Autorität, die Dir zusichert, daß Du erleuchtet bist. Sogar der Lehrer wird dem Schüler nichts von seiner Leistung sagen. Es ist streng verboten, über seine eigene Erleuchtung zu sprechen. Dies ist eine sehr persönliche Angelegenheit. Wenn Du über all diese Dinge lernst, solltest Du bestimmen können, wo und wer Du bist. Nur Du, Du selbst bist die Autorität. Jetzt wo die Last gehoben ist, bist Du gereinigt. Alles was zu tun übrig ist, ist, Dein Brahmacariya-Leben – das reine Leben – zu leben.

Die Praxis ist skizziert worden in der Abfolge der sechzehn nanas. Jedes Mal, wenn ein Meditierender ein Retreat besucht, muß der Lehrer seine nanas wieder durchsehen.

Es ist notwendig, daß die nanas in der genauen Reihenfolge erscheinen, beginnend bei der Reinigung der Disziplin, des Geistes, des Blicks, des Transzendierens des Zweifels, davon, was der Weg ist und was nicht der Weg ist, des Pfades, und schließlich, der Reinigung der Einsicht. Diese sieben Stufen der Reinigung sind die einzigen Führer, die die Stufen Deiner Praxis markieren.

Wenn Du Erfahrungen in vertauschter Reihenfolge siehst, sind sie gewöhnlich nicht klar genug und können deshalb nicht als das wahre Ergebnis der Vipassana-Praxis angesehen werden. Sie müssen klar und genau in der oben beschriebenen Reihenfolge geschehen.

Diejenigen, die in Anspruch nehmen, Buddhas Nachfolger zu sein, müssen diesen Weg praktizieren. Das Endziel für wirkliche Buddhisten ist es, Nirvana zu erreichen. Es ist egal, wann. Es muß einmal im Samsara-Prozeß geschehen, wenn nicht in diesem Leben, dann in den zukünftigen Leben. Du wirst immer die Stütze Deiner vergangenen Praxis haben. Wie ich in früheren Retreats erwähnte: wenn Du das zweite nana erlangt hast, garantiert Dir das, im nächsten Leben ein schönes Leben zu haben, aber es garantiert nicht das dritte Leben, und das sollte nicht genügen um sich damit zufrieden zu geben.

7 STUFEN DER REINIGUNG

1. Sila-visuddhi, Reinheit der Moral

Sie bezieht sich auf die konventionellen Vorschriften und die Reinheit des Verhaltens (den Lebensunterhalt betreffend), Zügelung der Sinne und Beherrschtheit der vier Bedürfnisse.

2.Citta-Visuddhi, Reinheit des Geistes

Sie bezieht sich auf die drei Kategorien der Konzentration, nämlich die momentane Konzentration, die eintretende Konzentration und die erreichte Konzentration. Wenn man beim Praktizieren der Vipassana-Meditation des Hebens und Senkens gewahr ist, ist die geistige Reinheit erreicht, und dies ist das Merkmal der Reinheit des Geistes.

3.Ditthi-Visuddhi, Reinheit der Sicht

Sie bezieht sich auf das Verstehen von nama-rupa, mit seinen dazugehörigen Merkmalen, seinem Wesen, seinen Erscheinungsformen und seiner unmittelbaren Ursache. Beim Praktizieren hat der Meditierende Namarupaparicchedanana gewonnen. Reinheit der Sicht ist erreicht.

  1. Kankhavitarana-Visuddhi, Reinheit der Überschreitung des Zweifels

Sie bezieht sich auf die Überwindung des Zweifels. Sie beinhaltet das Verstehen der Beziehungen von Ursache und Wirkung, von Geist und Körper, oder sie bezieht sich auf das zweite nana (Paccaya-pariggaha-nana).

5.Maggamagga-nanadassana-Visuddhi, Reinheit der Erkenntnis und des Wissens von Weg und Nicht-Weg

Sie bezieht sich auf das Wissen der Einsichtserkenntnis; sie weist dem Meditierenden die Richtung, zu wissen, was richtig und was Teil des Weges ist. Beim Praktizieren entsprechend dieser Reinheitsstufe wird der Meditierende die zehn Verunreinigungen erfahren und sie als “Sehen, sehen” oder “Wissen, wissen” erkennen, bis daß sie verschwunden sind. Sie bezieht sich auch auf das dritte und vierte nana. Sie liegt zwischen Samatha und Vipassana.

  1. Patipada-nanadassana-Visuddhi, Reinheit der Erkenntnis und des Wissens des Pfades

Sie ist die Reinheit des Einsichtwissens, das im Fortschreiten vom vierten bis zum zwölften nana besteht.

  1. Nanadassana-Visuddhi, Reinheit der Erkenntnis und des Wissens

Sie bezieht sich auf das 14. nana, das Wissen der Vier Edlen Wahrheiten (jeder Praktizierende muß die vier edlen Wahrheiten in seiner Meditationspraxis realisieren).

Diese vier edlen Wahrheiten sind: das Leiden, die Ursache des Leidens, das Erlöschen des Leidens und der Pfad, der zur Leidenserlöschung führt.

Die Theorie der Vier Edlen Wahrheiten ist dem Praktizierenden schon bekannt. Aber wenn der Meditierende nun in der Praxis den Beginn des Hebens und Senkens beim Eintritt in das 13. nana sehen kann, wird dies das Ende des Leidens genannt. Die Unerträglichkeit des Hebens und Senkens wird das Leiden genannt. Wenn der Meditierende das Heben und Senken sehen kann und gleichzeitig das Gewahrsein und Verschwinden, dann wird dies das Aufhören des Leidens genannt.

Das Erkennen des Hebens und Senkens mit dem Wissen, wann das Nicht-Bewußtsein des Geistes eintritt, heißt der Pfad, der zum Ende des Leidens führt. Alle diese Vier Edlen Wahrheiten treten gleichzeitig ein, nicht vor- und nicht nacheinander.

Um es mit dem Anzünden einer Kerze zu vergleichen, hierbei gibt es die Dreiheit: Wachs, Dunkelheit und Feuer; sie kommen zusammen, und es erscheint Licht.