Der vierte Brahma Vihara ist der Gleichmut (Upekkha). Wir sollten wissen, dass der Gleichmut der Göttlichen Verweilungszustände manchmal durch die kilesa (Geistesunreinheiten) beeinträchtigt sein kann. Manche Menschen empfinden „Gleichmut“ gegenüber den Menschen, die sie sowieso nicht mögen. Ob sie krank sind oder ihr Glück usw. verloren haben berührt sie in keiner Weise. Diese Einstellung könnte man als einen Aspekt des „Gleichmuts“ bezeichnen, jedoch ist dies nur Gleichgültigkeit.

Gleichmut und Gleichgültigkeit sollten wir hier nicht verwechseln! Gleichmut beinhaltet die Qualität, unberührt zu bleiben. Besonders dann, wenn wir erkennen müssen, dass es jenseits unserer Fähigkeiten liegt, allen unseren Freunden oder allen Menschen dieser Welt helfen zu können. Auch dann gelassen zu bleiben, wenn andere uns beschimpfen oder schlechte Dinge über uns sagen, ungeachtet der gesellschaftlichen Stellung die diese Menschen uns gegenüber einnehmen mögen.

Die meisten von uns, können den Menschen gegenüber gleichmütig bleiben, die wir nicht mögen. Es wird jedoch schwierig sein diese Haltung auch denen gegenüber einzunehmen, die wir mögen. Solange wir von den vier Befangenheiten wie – Abneigung, Zuneigung, Gedankenlosigkeit und Angst – geleitet werden, wird es für uns unmöglich sein, perfekten Gleichmut zu bewahren. Manchmal können wir unberührt oder unparteiisch bleiben – und ein anderes Mal können wir das nicht – und so werden wir auch weiterhin Kummer und Ärger ausgesetzt sein.

Wir brauchen uns nur vorzustellen, wie uns jemand beschimpft. Vielleicht können wir noch nicht mit völligem Gleichmut darauf reagieren, uns aber doch etwas abseits davon begeben, d.h.: es erst zulassen, um es dann einfach “loszulassen”. Das ist die Unparteilichkeit oder Unberührtheit des Gleichmuts der vier Göttlichen Verweilungszustände.

Was ist der Gleichmut in Bezug auf die Gefühle (Vedana)?

Es ist das Gefühl der Unberührtheit oder Unparteilichkeit gegenüber den angenehmen oder unangenehmen Sinneseindrücken, die durch sehen, hören, riechen, schmecken oder tasten entstehen.

Zum Beispiel können wir bei Empfindungen wie starker Hitze oder Kälte unberührt und teilnahmslos bleiben, d.h. sie lassen wie sie sind, um sie dann „loszulassen“. Schmerzen oder verschiedene Unbehaglichkeiten können wir loslassen, d.h., wir beobachten sie, ohne darauf zu reagieren. Während wir hier sitzen, um Metta zu üben, können wir die entstehenden Schmerzen in unseren Armen und Beinen zum Beispiel gleichmütig und unberührt betrachten. Auch den angenehmen Gefühlen gegenüber, die entstehen, auf Grund angenehmer Formen, die wir sehen, angenehmer Gerüche, die wir riechen oder angenehmen Berührungen, die wir empfinden, sollten wir mit upekkha begegnen, d.h. ihnen gleichmütig, unberührt und unparteiisch gegenüberstehen. Unangenehme Formen, Töne, Geschmäcker oder Berührungen geben uns unangenehme Gefühle und doch können wir es manchmal schaffen, auch diesen Empfindungen gegenüber gleichmütig zu bleiben. Dies ist der Gleichmut in Bezug auf die Gefühle. Die dritte Art des Gleichmutes ist das letzte Glied der 7 Erleuchtungsglieder (upekkha sambojjhanga).

Diese Art des Gleichmutes ist ausgestattet mit Weisheit, Verständnis und Einsicht, und wir sollten ihn üben und entwickeln, bis wir einen wirklichen Einblick in die „Wahre Natur“ aller bedingt entstandenen Erscheinungen erlangen: der Vorgang des – Entstehen – Verweilen – Vergehen – aller zusammengesetzten, bedingt entstandenen Dinge und Wesen dieser Welt. Ein natürlicher Prozess, dem alle Wesen, Menschen, Tiere, jede Rasse, Männer, Frauen und Kinder unterworfen sind.

Mit Weisheit erkennen wir die „Wahre Natur“ aller Dinge: Sobald jemand in diese Welt geboren wurde, muß er alt werden, Krankheiten erleiden und schließlich sterben. Geburt, Alter, Krankheit und Tod sind Stationen eines natürlichen Prozesses, denen alles unterworfen ist.

Jemand, der diese Wahrheit mit Weisheit klar erkannt hat, wird den Gleichmut entwickelt haben, der das letzte der 7 Erleuchtungsglieder ist.

Indem wir diese Wahrheiten akzeptieren können, werden uns die Dinge wie sie sind – nicht mehr beunruhigen oder besorgen.

Wir werden auch weiterhin unser Bestes tun, um in dieser leidvollen Welt unseren Mitmenschen zu helfen. Wenn wir zum Beispiel einen Kranken zum Arzt bringen, oder ihn so gut wie wir es können pflegen und dieser Mensch stirbt dann doch, dann sollten wir das mit Gleichmut und ohne Kummer akzeptieren. Wenn wir zum Beispiel mit Geld oder Medizin alten Menschen helfen, damit sie gepflegt werden und ihnen ein Heim gegeben werden kann, und wir dann letzten Endes nichts mehr für sie tun können – weil ihre Zeit gekommen ist, diese Welt zu verlassen. Dieses Ereignis sollten wir mit Gleichmut, einem ruhigen und klaren Geist akzeptieren, und erkennen, dass das die „Wahre Natur aller bedingt entstandenen Erscheinungen“ ist!

Sobald wir in diese Welt geboren sind brauchen wir Freundlichkeit, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut, um fähig zu sein, mit allen glücklich und einträchtig zusammenleben zu können.

Wenn unsere Herzen die Qualitäten des Gleichmutes, der Achtsamkeit und der Weisheit nicht besitzen, werden wir auch weiterhin Trostlosigkeit und Kummer erfahren müssen. Ohne Gleichmut sind die Göttlichen Verweilungszustände unvollständig. Wir sind noch nicht frei und halten uns immer noch an leidvollen Zuständen fest.

Manche Leute sehen nicht das richtige Maß und geben alles was sie haben anderen, um ihnen zu helfen, während sie selbst plötzlich arm und mittellos da stehen. Solch übertriebene Hilfsbereitschaft, ohne Weisheit und Gleichmut, kann uns nur unglücklich machen. Deswegen betonte der Buddha ausdrücklich, mit Weisheit und Umsicht den vier Göttlichen Verweilungszuständen zu begegnen, denn sie sind Tugenden für reife Menschen.

Die letzte Art des Gleichmutes, ist der Gleichmut, der vollständiges Wissen beinhaltet. Die Erleuchtung befähigte den Buddha, mit klarer Einsicht die Erscheinungen der Welt zu durchschauen, und deswegen konnte er die Welt „loslassen“. Er erhob sich über die „Weltlichkeit“ und hat uns in ihr zurückgelassen. Wenn wir in der Zeit des Buddhas geboren wären, mit der Möglichkeit seine Lehre zwar zu hören, jedoch unfähig, sie zu verstehen, hätte sogar ein Buddha nichts anderes tun können, als uns in unserer Unwissenheit zurückzulassen, und so wären wir bis heute im ständigen Kreislauf von Geburt und Tod gefangen geblieben.

Der Buddha erkannte, dass er nicht alle zur Erleuchtung führen konnte, und deswegen betrachtete er die Welt mit Gleichmut. Wir sollten die Gründe dafür verstehen und versuchen, den Pfad zu entwickeln. Wir müssen die Dinge ihren Lauf nehmen lassen, sie „loslassen“, wenn nichts mehr getan werden kann. Wenn wir zum Beispiel versuchen andere zu belehren, sie aber ihre Aufmerksamkeit hartnäckig verweigern, können wir nichts anderes tun, als unsere Bemühungen, sie zu lehren, zurückzunehmen. Wenn wir solche Lehren erteilen, sollten sie immer von Metta begleitet sein: das ist der Weg des Buddhas, dessen Schritte wir folgen sollten wenn wir zufrieden werden wollen.

Ohne Gleichmut und Weisheit kann übertriebene Freundlichkeit zu Schwierigkeiten und Problemen führen. Wenn wir zum Beispiel Drogenabhängigen Geld geben, um sich Drogen zu beschaffen, kann es passieren, dass sie in ihrem Rausch streiten, Gewalt anwenden und sich sogar gegenseitig umbringen. Wenn wir Glücksspielern Geld geben kann das noch mehr zu ihrem oder seinem Untergang beitragen. Beides ist falsch angewandte Freundlichkeit.

Freundlichkeit, Mitgefühl und Mitfreude sollten immer mit weisen Erwägungen im Einklang stehen! So sollten wir niemanden zu seinen schlechten Taten gratulieren, uns jedoch auf der anderen Seite bemühen, ihr oder ihm mit Ratschlägen ein besseres und nützliches Leben zu weisen. Wenn solche Ratschläge nicht beachtet, werden, können wir nur aufgeben und „loslassen“.

Es ist wie die Sorge und Liebe der Eltern zu ihren Kindern und Enkeln: Sie belehren sie; aber wenn sich die Kinder weigern zuzuhören, müssen sie es mit Gleichmut hinnehmen, d.h. es „loslassen“, bis sich eine neue Gelegenheit ergibt. Eltern bemühen sich in dieser Weise das ganze Leben, bis ihre Kinder verstehen. Dies ist die Methode, andere zu lehren – ob unter Verwandten oder zwischen dem Meditationslehrer und seinen Schülern. Wenn die vier Göttlichen Verweilungszustände in Einklang mit Weisheit in unseren Herzen gegenwärtig sind, können wir alle – unbeachtet von Altersunterschieden – glücklich und harmonisch zusammenleben.

Wenn Kinder diese Qualitäten besitzen, kann man sie als reife Menschen betrachten. Es sind die vier Brahma Vihara, die Frieden und Freude in unseren Herzen entstehen lassen, und deswegen sagte der Buddha, dass „Freundlichkeit die Welt unterstützt”. Jeder, der sich Buddhist nennt, sollte sich diese Lehre zu Herzen nehmen und sich in den verschiedenen Tugenden üben.

Es gibt viel Trostlosigkeit auf dieser Welt, weil die Menschen keine heilsamen Qualitäten entwickeln. Wegen dem Mangel an diesen vier Brahma Vihara ist diese Welt in Aufruhr, und nicht aus irgendwelchen anderen Gründen. Diejenigen unter uns, die eine tugendhafte Gesinnung kultivieren wollen, sollten den Dhamma gewissenhaft bedenken und diesen Dhamma in ihre Herzen aufnehmen. Wir sollten uns solange üben, bis diese vier Qualitäten in unserem Geist entstehen, und wir dann die Resultate des Glücks erhalten.