Erläutert von Phra Acharn Thawee Baladhammo
Wahrheit des Leidens
Das Ziel dieser Lehre, dargelegt in den vier edlen Wahrheiten, ist ein umfassendes Verständnis, was Leiden eigentlich ist und wie man es beenden kann. Im buddhistischen Verständnis bleibt der Begriff des Leidens nicht auf schmerzhafte oder deprimierende Erfahrungen beschränkt. Er bezieht sich vielmehr auf Phänomene, die der Veränderung unterworfen sind, die nicht so bleiben, wie sie sind.
Denken Sie noch einen Moment darüber nach, und Sie werden mir zustimmen, daß es in der Tat im ganzen Universum nichts gibt, was dieser Definition von Leiden entgeht: Alles, was existiert, ist abhängig von Bedingungen, die wiederum nicht stabil sind. Es gibt nichts in der Welt, was sich im Laufe der Zeit nicht verändert. Was wir Glück nennen, ist auch nur eine Ausdrucksform dieses Leidens. Wir können angenehme Dinge und schöne Zustände genießen, solange sie dauern. Wir werden aber immer das Problem haben, die Bedingungen für unser Glück aufrechtzuerhalten, und wenn sie sich letztlich ändern, hinterlassen sie ein Gefühl der Entbehrung und unbefriedigtes Verlangen, das nach Wiederholung ruft. Bedingte Phänomene können keine dauernde Befriedigung geben. Deshalb nennen wir sie Leiden.
Wahrheit des Ursprungs: …Verlangen…
Als Ursache des Leidens wird das Anhaften an diesen ewig wechselnden, bedingten Phänomenen betrachtet – daß man sie für glückspendend und dauerhaft hält. Wir nehmen fälschlich das Versprechen von Glück in manchen Objekten wahr, und so entsteht Begierde. Das führt dann zum Anhaften und Handeln, um zu bekommen, was wir wollen. Wenn unser Handeln Früchte trägt, schweigt die Begierde vorübergehend. Das nennen wir dann Glück.
Es ist aber nicht die Anwesenheit von begehrten Objekten, was uns glücklich macht, sondern nur die Abwesenheit von Verlangen im Geiste.
Weil aber der Brennpunkt unserer Aufmerksamkeit auf die Objekte gerichtet ist und nicht auf den Geist selbst, entsteht der Eindruck, daß Glück eine Eigenschaft wäre, die den Objekten zugeschrieben werden muß. Schließlich sehen wir nur einen Weg zum Glück, und der führt über Objekte des Verlangens. So kommt es, daß Anhaften selbst für eine gute Sache gehalten wird: Es ermöglicht uns, Dinge intensiver zu genießen. In Wirklichkeit versuchen wir nur, das Verlangen loszuwerden, denn dann fühlen wir uns glücklich. Und wir merken einfach nicht, daß es unmöglich ist, das Verlangen auszulöschen, solange es auf vergängliche Phänomene gerichtet ist.
Wahrheit des Verlöschens
Es liegt an unserer Unwissenheit über die wahre Natur der bedingten Phänomene, daß wir Anhaften mit Glücklichsein verwechseln – und unwillentlich weiterhin mehr Leiden anhäufen. Um nun aber die Ursache dieses Leidens unschädlich zu machen, das heißt, nicht mehr anzuhaften, muß man den Schleier der Unwissenheit durchdringen und eine korrekte Wahrnehmung der äußeren Welt erreichen. Das läßt sich nicht einfach durch intellektuelle Studien oder ein moralisches Leben bewerkstelligen. Man muß die geeignete Methode geistiger Entwicklung anwenden, die zum Auftauchen überweltlicher Weisheit führt.
Wahrheit des Weges: Der achtfache Pfad
Für diesen Zweck hat Buddha die Übung der Klarblicksmeditation gelehrt, anhand des Achtfachen Pfades. Der Achtfache Pfad besteht aus einer dreifachen Schulung:
Sittlichkeit, Konzentration und Weisheit.
Rechte Rede, Rechtes Handeln und Rechter Lebenserwerb – drei Glieder des Achtfachen Pfades, bilden zusammen die Sittlichkeitsgruppe der dreifachen Schulung.
Rechte Anstrengung, Rechte Achtsamkeit und Rechte Konzentration bilden die Schulung der Konzentration.
Rechtes Verständnis und Rechtes Denken sind die Weisheitsgruppe.
Der Achtfache Pfad hat die Funktion, zum Ende des Leidens zu führen. Wenn Sittlichkeit, Konzentration und Weisheit allmählich herangebildet werden durch die Übung der Klarblicksmeditation, wird der Geist mehr und mehr verfeinert, die ursprüngliche Verblendung weicht schrittweise einem klaren Erkennen, wie die Dinge eigentlich sind.